Autobahn gesperrt: Im April drohte Verkehrsminister Wissing öffentlich mit Fahrverboten. Sollte der Bundestag die umstrittene Novelle des Klimaschutzgesetzes nicht zügig beschließen, wäre er gezwungen, das Fahren am Wochenende zu verbieten. Allerdings machen die von uns nun veröffentlichten Dokumente deutlich, dass das Ministerium zahlreiche, weitaus wirksamere Alternativen auf dem Tisch hatte.

Ein populistisches, aber erfolgreiches Manöver

Der Verkehrssektor in Deutschland verfehlt seit Jahren seine Klimaschutzziele. Ein großes Problem für den zuständigen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), denn das Klimaschutzgesetz verpflichtete ihn immer wieder zur „Haft“: Laut Gesetz musste er Notprogramme vorlegen, um die Überschreitung der Klimaziele zu korrigieren.

Doch Wissing scheiterte immer wieder. Im Jahr 2022 legte der FDP-Minister ein Papier vor, das den Titel „Sofortprogramm“ trug, aber nicht einmal ansatzweise den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Im Jahr 2023 hörte er auf, es zu versuchen. Aufgrund dieser Arbeitsverweigerung wurde die Bundesregierung im November 2023 vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg rechtskräftig verurteilt.

Das Problem waren für den Verkehrsminister nicht seine eigenen Versäumnisse, sondern das Klimaschutzgesetz, das ihn zur Einhaltung der Ziele verpflichtete. Anstatt also einzulenken und endlich wirksame Klimaschutzmaßnahmen für den Verkehrssektor vorzulegen, setzte die FDP in der Regierung eine deutliche Abschwächung des Klimaschutzgesetzes durch.

Mit der manchmal auch als „Lex Wissing“ bezeichneten Änderung wurde die Verantwortung der einzelnen Ministerien für die Einhaltung der Klimaziele in ihren Sektoren abgeschafft – Volker Wissing blieb somit von einer weiteren Inhaftierung verschont. Diese umstrittene Änderung blieb jedoch über neun Monate im Bundestag hängen.

Das machte Wissing offenbar nervös: In einem öffentlichen Brief an die Fraktionsvorsitzenden der Ampelparteien versprach Volker Wissing im April Fahrverbote an Wochenenden, wenn der Bundestag die Änderung nicht zeitnah beschließe. Die Einhaltung der Klimaziele im Verkehr ist nur durch derart drastische Maßnahmen möglich. Wie erwartet sorgte diese Drohung für bundesweite Schlagzeilen und zeigte Wirkung: Am darauffolgenden Montag verkündeten die Ampelfraktionen im Bundestag eine Einigung. „Fahrverbote sind nun vom Tisch“, verkündete der Verkehrsminister erleichtert.

Geheime Alternativen

Doch nun zeigen Unterlagen, die uns nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) vorliegen: Tatsächlich waren die drohenden Fahrverbote nur eine von vielen Möglichkeiten, die Ziele zu erreichen. Zahlreiche, viel sinnvollere Maßnahmen für eine nachhaltige Mobilitätswende liegen seit Jahren auf dem Tisch, darunter ein Tempolimit und die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg. Das wussten auch die Beamten im Verkehrsministerium (BMDV): Sein Unternehmen betonte, dass Fahrverbote nur eine „exemplarische Darstellung einer Maßnahme“ seien, mit der das Ziel erreicht werden könne. Selbstverständlich „verfügt das BMDV auch über umfangreiche wissenschaftliche Berichte und Erkenntnisse zu vielfältigen Klimamaßnahmen im Verkehrsbereich.“

Das Ministerium wollte die Dokumente, die zeigen, warum der Verkehrsminister dennoch die unsinnigste und unpopulärste aller Optionen als alternativlos darstellte, nicht veröffentlichen. Das Berufungsverfahren gegen die Ablehnung läuft noch.

Der Antriebswechsel allein reicht nicht aus

Die Berechnungen der BMDV-Experten bestätigen die unangenehme Wahrheit, auf die viele Experten seit Jahren hinweisen: Die Antriebswende, also der Umstieg von Verbrennern auf Elektrofahrzeuge, allein wird nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen. Selbst wenn die Regierung ihr ehrgeiziges Ziel von 15 Millionen neu zugelassenen Elektroautos bis 2030 erreicht, ist nach Ansicht der Experten „auch eine deutliche Reduzierung der Verkehrsleistung erforderlich“.

Das bedeutet: Autofahren muss weniger attraktiv werden. Auch nach der Änderung des Klimaschutzgesetzes fällt es Wissing schwer, diese unbequeme Erkenntnis seiner eigenen Experten zu ignorieren. Dass es aber überhaupt notwendig ist, den Autoverkehr einzuschränken, liegt einzig und allein an der jahrelangen Weigerung des Verkehrsministers, einfache Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Je länger er dies blockiert, desto massiver werden letztlich die Freiheitseinschränkungen für Autofahrer ausfallen.

→ zur Anfrage und den Unterlagen



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