Die EU-Verordnung 2017/745 (MDR) legt die allgemeinen Anforderungen an Gebrauchsanweisungen (kurz IFU) fest. Die Durchführungsverordnung (EU) 2021/2226 regelt, ob diese auch in elektronischer Form (eIFU) verfügbar sein kann.
Die Anforderungen an die elektronische Gebrauchsanweisung haben wir für Sie zusammengefasst.
1. Voraussetzungen für die Nutzung elektronischer Gebrauchsanweisungen
Gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2226 kann die Gebrauchsanweisung statt auf Papier (eIFU) auch elektronisch verfügbar sein, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Das Produkt fällt in eine bestimmte Geräteklasse:
- Implantierbare und aktive implantierbare medizinische Geräte und Zubehör
- Fest installierte medizinische Geräte und Zubehör (z. B. Magnetresonanztomographie)
- Medizinische Geräte und Zubehör, in denen ein System zur Anzeige der Gebrauchsanweisung eingebaut ist (z. B. Ultraschallgerät)
- und: Die Geräte und Zubehörteile sind ausschließlich für Profis bestimmt (Ausnahme: Software!).
- und: Es liegt eine Risikoanalyse vor, die Folgendes untersucht:
- Benutzererfahrung mit dem Gerät und mit eIFUs
- Nutzungskontext (Ist ein Computer verfügbar?)
- Folgen, wenn auf die Gebrauchsanweisung nicht zugegriffen werden kann (z. B. kein Internet verfügbar)
- Kompatibilität der eIFU-Website mit verschiedenen Geräten
- Mögliche Notfallsituationen
- Schutz vor Verfälschung der Gebrauchsanweisung und ggf. Versionierung
- Zeitraum, bis der Benutzer eine Papierversion erhalten kann
- und: Die Gebrauchsanweisung (IFU) kann in weniger als sieben Tagen in Papierform zur Verfügung gestellt werden.
- und: Die eIFU ist in der Kennzeichnung angegeben.
- und: Die eIFU ist auf der Website des Herstellers verfügbar.
- und: Eine „Mini-Bedienungsanleitung“ für Notfälle und Installation ist verfügbar (in der Sie auch sehen können, wo Sie die Papierversion erhalten).
2. eIFU für Software auch bei Laiennutzung
Für Software im Sinne der MDR ist die elektronische Form auch dann zulässig, wenn das Produkt nicht nur von Fachkräften genutzt wird. Bei medizinischer Software ist die eIFU auch dann zulässig, wenn das Produkt von Laien genutzt wird. Die Bereitstellung der elektronischen Gebrauchsanweisung muss über die Software selbst und nicht in Papierform erfolgen (Artikel 3 Absatz 3 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2226).
3. Sonderfall IVD und Produkte ohne medizinischen Zweck
Die Durchführungsverordnung (EU) 2021/2226 über elektronische Gebrauchsanweisungen gilt nicht für In-vitro-Diagnostika (IVD). Stattdessen regelt die IVDR, wann Hersteller von der Papierform abweichen dürfen:
„Wenn das Produkt nur für den professionellen Gebrauch bestimmt ist, kann die Gebrauchsanweisung dem Benutzer in einer anderen Form als in Papierform (z. B. elektronisch) zur Verfügung gestellt werden, es sei denn, das Produkt ist für Point-of-Care-Tests bestimmt.“
IVDR (VO 2017/746) Anhang I, Kapitel III, 20.1.f
Die Verordnung 2021/2226 gilt auch nicht für Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung im Sinne des Anhangs XVI der MDR.
4. Neuerungen durch die Verordnung 2021/2226
Die Durchführungsverordnung 2021/2226 hat die alte EU-Verordnung 207/2012 abgelöst, die bisher auch unter der MDR galt. Die Verordnung 207/2012 bleibt jedoch für Produkte gültig, die während der in Artikel 120 Absatz 3 der MDR genannten Übergangszeit auf den Markt gebracht oder in Betrieb genommen werden.
Mehr zu den Übergangsfristen der MDR erfahren Sie in unserem Artikel Übergangsfristen.
Die wichtigsten Änderungen durch die neue Durchführungsverordnung 2021/2226:
a) Software
Die eIFU für Software ist nun auch möglich, wenn die Software von Laien genutzt wird.
b) Risikobewertung
Am Gefährdungsbeurteilung gemäß Art. 4 wurden zwei Punkte hinzugefügt:
j) Bewerten Sie die Kompatibilität der Website bei der Anzeige des elektronischen Benutzerhandbuchs auf verschiedenen Geräten, die zum Anzeigen dieses Benutzerhandbuchs verwendet werden könnten
k) Gegebenenfalls Verwaltung der verschiedenen Versionen der Gebrauchsanweisung gemäß Artikel 5 Absatz 8.
c) eIFU auf der Website des Herstellers
Erwähnenswert ist auch die Verpflichtung des Herstellers bei der Bereitstellung einer eIFU gemäß Artikel 5 (12):
Es sind wirksame Systeme und Verfahren vorhanden, um sicherzustellen, dass Benutzer der Produkte nach dem Herunterladen der Gebrauchsanweisungen von der Website über etwaige Aktualisierungen oder Korrekturmaßnahmen in Bezug auf sie informiert werden können.
Wird eine eIFU zur Verfügung gestellt, muss diese auf der Website des Herstellers verfügbar sein (Artikel 5 (11)).
(13) Alle veröffentlichten historischen elektronischen Versionen der Gebrauchsanweisung sind auf der Website verfügbar
d) eIFU in der Kennzeichnung des Produkts
Gemäß Artikel 6 Absatz 1 müssen Hersteller nun in der Kennzeichnung deutlich darauf hinweisen, dass die Gebrauchsanweisung des Produkts in elektronischer Form statt in Papierform vorliegt.
Hierzu kann das Symbol 5.4.3 aus ISO 15223-1 oder ISO 7000-1641 mit dem Zusatz „eIFU“ und „Indikator“ verwendet werden:
Der eIFU-Indikator kann die Website-URL eines Herstellers oder ein anderer geeigneter Hinweis darauf sein, dass die Gebrauchsanweisung in elektronischer Form verfügbar ist.
Die „Mini-Gebrauchsanweisung“, in der erläutert wird, wie der Zugriff auf die eIFU ermöglicht wird, soll nun auch die Basis-UDI-DI bzw. UDI-DI enthalten (Artikel 6 (3 b)).
5. Relevanz der Verordnung auch ohne eIFU
Die Durchführungsverordnung (EU) 2021/2226 ist nicht nur relevant, wenn Hersteller eine reine eIFU verwenden. Anhang I, Artikel 23.1 der MDR schreibt vor:
Diese Informationen können und werden auf dem Produkt selbst, auf der Verpackung oder in der Gebrauchsanweisung – sofern vom Hersteller angegeben – erscheinen über eine Website hat – dort bereitgestellt und aktualisiert […]
Das heißt alle Hersteller muss Laden Sie Ihr IfU auf Ihre Website (oder den relevanten Inhalt) hoch. Genau hier setzt Artikel 9 der Verordnung 2021/2226 an:
- Zusätzlich zur MDR sind Hersteller verpflichtet, das exakte Äquivalent der Gebrauchsanweisung in Papierform hochzuladen.
- Dies bezieht sich nur auf die Gebrauchsanweisung, nicht auf die Etiketten. Die MDR verlangt nicht, diese online zu veröffentlichen, sondern nur deren Inhalt, den auch die Gebrauchsanweisung abdeckt.
- Gemäß Artikel 7 der Verordnung 2021/2226 müssen Hersteller:
- Schützen Sie Ihre Website vor unbefugten Zugriffen und Änderungen
- Datenschutz sicherstellen
- Stellen Sie den Zugriff auf die Website während der gesamten Lebensdauer des Produkts sicher
- Archivieren Sie alle alten Versionen der hochgeladenen Gebrauchsanweisung
6. Fazit
Die elektronische Gebrauchsanweisung stellt für viele Anwender eine große Erleichterung dar und bringt auch den Herstellern von Medizinprodukten viele Vorteile. Allerdings sollten Hersteller, die ihre Gebrauchsanweisung in elektronischer Form zur Verfügung stellen möchten, die Anforderungen der Durchführungsverordnung 2021/2226 sorgfältig studieren und mögliche Risiken berücksichtigen, die von der elektronischen Gebrauchsanweisung ausgehen.
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